Übersicht der staatlichen Maßnahmen, Hilfen, Unterstützungsleistungen und sonstigen Möglichkeiten für Unternehmen zur Bewältigung der Corona-Krise
Das Corona-Virus hat mittlerweile Europa und Deutschland fest im Griff. Produktionen stehen mangels notwendiger Lieferungen still und zur Verlangsamung der Ausbreitung werden Veranstaltungen, Messen und Kongresse abgesagt und ordnen Behörden die Schließung von Betrieben an. Eine Beschäftigung der Arbeitnehmer ist häufig aufgrund der Auswirkungen nicht oder nicht mehr im gewohnten Umfang möglich. Auch laufen die sonstigen Fixkosten wie Mieten, Steuervorauszahlungen und Versicherungsbeiträge etc. grundsätzlich ohne Abstriche normal weiter. Wir möchten kurz eine Übersicht über die bereits beschlossenen oder angekündigten staatlichen Maßnahmen, Hilfen, Unterstützungsleistungen etc. für Unternehmen zur Bewältigung der Corona-Krise informieren:
1. Kurzarbeitergeld, §§ 95 ff. SGB III
Zur Minderung der durch die Corona-Pandemie entstehenden wirtschaftlichen Belastungen können Arbeitgeber als eine Möglichkeit Kurzarbeit einführen und Kurzarbeitergeld bei der Agentur für Arbeit gemäß §§ 95 ff. SGB III beantragen.
Kurzarbeit greift in die Hauptleistungspflichten von Arbeitgeber (Vergütung) und Arbeitnehmer (Arbeitsleistung) ein. Die Einführung von Kurzarbeit kann daher nicht einseitig kraft des Direktionsrechtes des Arbeitgebers eingeführt werden, sondern bedarf einer arbeitsrechtlichen Grundlage. Als mögliche arbeitsrechtliche Grundlagen kommen ein Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung, eine arbeitsvertragliche Regelung oder eine Änderungskündigung in Betracht.
Mit dem Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld vom 13.03.2020 hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen geschaffen, dass die Bundesregierung durch Rechtsverordnung rückwirkend zum 01.03.2020 die Anforderungen zur Genehmigung des Kurzarbeitergeldes senkt sowie die Leistungen der Agentur für Arbeit im Rahmen des Kurzarbeitergeldes erhöht.
Aufgrund des Ermächtigungsgesetzes sind folgende Maßnahmen vorgesehen:
- Wenn aufgrund schwieriger wirtschaftlicher Entwicklungen Aufträge ausbleiben, kann ein Betrieb Kurzarbeit anmelden, wenn mindestens 10 Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sein könnten. Diese Schwelle liegt bisher bei 30 Prozent der Belegschaft
- Auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden vor Zahlung des Kurzarbeitergeldes soll vollständig oder teilweise verzichtet werden können. Das geltende Recht verlangt, dass in Betrieben, in denen Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen genutzt werden, diese auch zur Vermeidung von Kurzarbeit eingesetzt und ins Minus gefahren werden.
- Auch Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer können künftig Kurzarbeitergeld beziehen.
- Die Sozialversicherungsbeiträge, die Arbeitgeber normalerweise für ihre Beschäftigten zahlen müssen, soll die Bundesagentur für Arbeit künftig vollständig erstatten.
Die genauen Anforderungen sowie die von der Arbeitsagentur zu übernehmenden Kosten lassen sich erst nach Veröffentlichung der Rechtsverordnung sicher abschätzen.
Für sich ergebende Rückfragen zu den Anspruchsvoraussetzungen des Kurzarbeitergeldes oder Hilfe bei der Vorbereitung der Anordnung von Kurzarbeit sowie der Stellung der Anträge bei der Agentur für Arbeit stehen wir Ihnen selbstverständlich jederzeit sehr gerne zur Verfügung.
2. Aussetzung der Insolvenzantragspflicht (§ 15a Abs. 1 InsO) bis vorerst 30.09.2020
Eine weitere Hilfsmaßnahme zur Vermeidung „unnötiger“ Insolvenzen ist die geplante Aussetzung der Insolvenzantragspflicht. Danach würde bei Handelsgesellschaften der Zwang, bei Vorliegen von Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit, einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen, wegfallen. Dies ist jedoch noch nicht gesetzlich verabschiedet worden:
https://www.bmjv.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/031620_Insolvenzantragspflicht.html
Insolvenzantragspflicht für durch die Corona-Epidemie geschädigte Unternehmen aussetzen
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz bereitet eine gesetzliche Regelung zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vor, um Unternehmen zu schützen, die infolge der Corona-Epidemie in eine finanzielle Schieflage geraten. Als Vorbild hierfür dienen Regelungen, die anlässlich der Hochwasserkatastrophen 2002, 2013 und 2016 getroffen wurden.
3. Hilfen für Selbstständige, Freiberufler und Kleinunternehmer
Die Bundesregierung und die Landesregierungen bereiten aktuell verschiedene Hilfspakete für Selbstständige, Freiberufler und Kleinunternehmen vor. Diese reichen von vereinfachten KFW-Krediten und –Bürgschaften bis hin zu nicht zurückzuzahlenden Zuschüssen.
3.1 KfW-Corona-Hilfe für Unternehmen
https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/Unternehmen/Innovation/F%C3%B6rderprodukte/KfW-Kredit-f%C3%BCr-Wachstum-(290)/
Die KfW wird die folgenden Konditionen verbessern:
- Temporäre Erweiterung auf allgemeine Unternehmensfinanzierung inkl. Betriebsmittel im Wege der Konsortialfinanzierung
- Erhöhung der Umsatzgrenze für antragsberechtigte Unternehmen auf 5 Mrd. Euro
- Erhöhung der anteiligen Risikoübernahme auf bis zu 70 %
3.2 KfW-Corona-Hilfe: Kredite für Unternehmen
https://www.kfw.de/KfW-Konzern/Newsroom/Aktuelles/KfW-Corona-Hilfe-Unternehmen.html
Die Bundesregierung hat ein Maßnahmenpaket beschlossen, mit dem Unternehmen bei der Bewältigung der Corona-Krise unterstützt werden. Hierbei kommt der KfW die Aufgabe zu, die kurzfristige Versorgung der Unternehmen mit Liquidität zu erleichtern.
Die KfW wird dazu die bestehenden Kredite für Unternehmen, Selbstständige und Freiberufler nutzen und dort die Zugangsbedingungen und Konditionen verbessern. Bitte beachten Sie, dass es sich hierbei nicht um Zuschüsse handelt.
Zur Antragsstellung der nachfolgenden Produkte wenden Sie sich bitte an Ihre Hausbank bzw. Finanzierungspartner.
3.3 Bundes- und Landesprogramme
Bayern hat beispielsweise unter der Überschrift „Soforthilfe Corona“ ein Soforthilfeprogramm eingerichtet, das sich an Betriebe und Freiberufler richtet, die durch die Corona-Krise in eine existenzbedrohende wirtschaftliche Schieflage und in Liquiditätsengpässe geraten sind. Da-nach gibt es, wenn beispielsweise fünf Erwerbstätige beschäftigt werden, eine Soforthilfe von € 5.000,00.
Es steht zu erwarten, dass es eine Vielzahl solcher und weiterer Bundes- und Landesprogramme geben wird.
4. Einfachere Stundung bzw. Vollstreckungsaufschub für Steuern
Staatlicherseits wird auch versucht, durch Erleichterungen bei Steuerforderungen die Unternehmen zu entlasten.
a. Erleichterte Gewährung von Steuerstundungen
Die Finanzbehörden können Unternehmen von nun an in größerem Umfang Stundungen von Steuerzahlungen gewähren, wenn der Steuereinzug für das Unternehmen eine besondere Härte bedeuten und schlimmstenfalls seine Existenz bedrohen würde. Die Finanzämter sind dazu angewiesen, hinsichtlich der Gewährung von Steuerstundungen keine strengen Anforderungen zu stellen. Ein wesentliches Instrument ist dabei das Verschieben des Zeitpunktes der Steuerzahlung, um so mehr Liquidität bei den Unternehmen zu erhalten.
b. Leichtere Anpassung Ihrer Steuervorauszahlung
Die Finanzbehörden sind dazu angewiesen steuerpflichtigen Unternehmen die Anpassung ihrer Steuervorauszahlung zu vereinfachen, wenn absehbar ist, dass der Umsatz bzw. Gewinn durch die Corona-Krise im laufenden Jahr geringer ausfallen werden, als bislang angenommen. Ziel ist es auch hier, mehr Liquidität bei den Unternehmen zu erhalten, indem die Steuervorauszahlungen schnell und unkompliziert herabgesetzt werden.
c. Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen und Säumniszuschläge
Sollte Ihr Unternehmen unmittelbar vom Corona-Virus betroffen sein, verzichten die Finanzbehörden bis zum 31. Dezember 2020 auf Vollstreckungsmaßnahmen wie beispielsweise Kontopfändungen oder Säumniszuschläge. Dadurch soll vermieden werden, dass Unter-nehmen durch kurzfristig nicht leistbaren Steuereinzug zusätzlich Liquidität entzogen wird, die zum Überleben des Betriebs in der Krise notwendig ist.
d. Steuerentgegenkommen
Zusätzlich zu den oben genannten Maßnahmen ist die Generalzolldirektion bei Steuern, für die die Zollverwaltung unmittelbar zuständig ist (z.B. Energiesteuer oder Luftverkehrssteuer), angewiesen, den steuerpflichtigen Unternehmen im Sinne der Liquiditätssicherung entgegenzukommen. Gleiches gilt für Steuern, wie etwa Versicherungs- oder Umsatzsteuer, die der Zuständigkeit des Bundeszentralamtes unterliegen.
5. Betriebsausfallversicherung
Eine weitere Möglichkeit, die infolge einer behördlich angeordneten Betriebsschließung entstehenden wirtschaftlichen Belastungen abzufangen, kann wenn eine Betriebsausfallversicherung besteht, sein, den Ertragsausfallschaden geltend zu machen.
Sollten Sie über eine Betriebsunterbrechungsversicherung verfügen, wäre dringend anzuraten, zu prüfen, ob neben den üblichen Betriebsunterbrechungsgefahren, wie zum Beispiel, Feuer, Einbruchsdiebstahl, Leitungswasser, Sturm und Hagel etc. auch der Epidemie- / Pandemie-Fall mitversichert ist.
Sollte dies der Fall sein, übernimmt die Betriebsunterbrechungsversicherung im Falle der behördlich angeordneten Betriebsschließung wegen einer Pandemie nach Infektionsschutzgesetz in der Regel den Ertragsausfallschaden.
Sollten Sie daher von einer Betriebsschließung betroffen sein und über eine derartige Versicherung verfügen, ist es angeraten, im Versicherungsvertrag zu prüfen, ob der Pandemiefall mitversichert ist. Sollte dies der Fall sein, ist darüber hinaus die Versicherung unverzüglich von der drohenden oder bereits erfolgten Betriebsschließung zu informieren. Bei verspäteter Anzeige des Versicherungsfalls droht im schlimmsten Falle der Wegfall der Einstandspflicht der Versicherung.
Gerne sind wir Ihnen bei der Prüfung des Versicherungsfalls und / oder der Kommunikation mit Ihrer Versicherung behilflich.
Sollten Sie bis jetzt nicht über eine derartige Betriebsausfallversicherung verfügen oder der Epidemie- / Pandemie-Fall nicht versichert sein, werden Sie vermutlich für den aktuell grassierenden Corona-Virus eine derartige Versicherung nicht mehr rechtzeitig abschließen können.
6. Entschädigung nach Infektionsschutzgesetz (IfSG)
Im Infektionsschutzgesetz (IfSG) ist in § 56 Abs. 5 Satz 2 ein Erstattungsanspruch für den Arbeitgeber geregelt. Der Arbeitgeber muss für die zuständige Behörde den Verdienstausfall des Arbeitnehmers nach § 56 Abs. 2 für sechs Wochen auszahlen. Dies entspricht letztlich der Entgeltfortzahlung. Auf Antrag werden diese vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer gezahlten Beträge von der zuständigen Behörde, im Regelfall also dem Gesundheitsamt, er-stattet. Im Anschluss an diesen Sechs-Wochen-Zeitraum schließt sich das Krankengeld an (§ 56 Abs. 2 Satz 2 IfSG).
Ob es für Unternehmen weitere Schadensersatz-, Entschädigungs- oder Erstattungsansprüche geben wird, ist derzeit noch unklar. Für von Schließungen betroffene Unternehmen wird ein Entschädigungsanspruch nach § 65 IfSG „Entschädigung bei behördlichen Maßnahmen“ wohl eher allgemein verneint. Ob ein Gericht einen Aufopferungsanspruch aufgrund Sonderopfers bejahen wird, ist ungewiss; wegen der erheblichen finanziellen Auswirkungen ist vermutlich jedoch eher davon auszugehen, dass ein Gericht zum Schutz des Staates solche Ansprüche verneinen wird.
7. Anpassung bzw. Kündigung von Verträgen
Bei den meisten Unternehmen werden trotz einer Schließung, Quarantäne und / oder einem sonstigen drastischen Umsatzrückgang / Gewinneinbruch höhervolumige Verträge mit entsprechenden Liefer- und Leistungs- bzw. Zahlungspflichten weiterlaufen, z.B. Gewerbemietvertrags, Rahmenliefervertrag etc.
Erfahrungsgemäß ist in den wenigsten Verträgen eine Klausel über Epidemien, höhere Gewalt, Vorbehalt der Selbstbelieferung etc. enthalten. Das BGB sieht in § 313 Abs. 1 „Störung der Geschäftsgrundlage“ vor:
„Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Um-stände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.“
Möglicherweise kann mit dem jeweiligen Vertragspartner mit diesem Argument in eine Verhandlung über eine vollständige oder teilweise (vorübergehende) Reduzierung, eine Stundung etc. eingetreten werden.
8) Weiteres Vorgehen
Soweit Sie weitere konkrete Fragen im Zusammenhang mit den arbeitsrechtlichen, vertraglichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise haben, stehen wir Ihnen jederzeit persönlich und telefonisch zur Verfügung.